Camp muss den Rathausplatz für den Weihnachtsmarkt vorübergehend verlassen
Größe des Camps wird reduziert: Nach dem Weihnachtsmarkt dürfen maximal zwei von vier Zelten wieder aufgebaut werden
Die Stadtverwaltung hat heute (16.8.) zwei Verfügungen an das Klimacamp erlassen. Demnach wurde angeordnet, dass das Klimacamp den Rathausplatz zeitweise verlassen muss. Die Aktivistinnen und Aktivisten sollen die vier Zelte temporär abbrechen, damit der Weihnachtsmarkt wie gewohnt auf dem Platz stattfinden kann. In der zweiten Verfügung wird geregelt, dass zwei der vier Zelte auf dem Rathausmarkt dauerhaft entfernt werden müssen. Das bedeutet, dass nach dem Weihnachtsmarkt nur zwei der heute vier Zelte auf dem Rathausplatz wiederaufgebaut werden dürfen.
„Wir hätten das Thema gerne ohne juristische Auseinandersetzung gelöst und haben daher viele Gespräche geführt und faire Angebote gemacht. Wir wollen auch sicherstellen, dass der traditionelle Freiburger Weihnachtsmarkt seinen Platz im Herz der Stadt behält. Das wird zurecht von vielen Menschen von uns erwartet und leider gab es hierzu keine verlässlichen Vereinbarungen. Wir als Stadt sind nicht erpressbar. Letztlich geht es um Fairness und um Verhältnismäßigkeit. Unser Rathausplatz gehört allen Freiburgerinnen und Freiburgern, aber er gehört nicht seit Monaten überwiegend leerstehenden Zelten. Ich finde es enttäuschend, dass es kein Entgegenkommen aus dem Klimacamp gab. Nun werden wir das Notwendige tun und die Angelegenheit notfalls gerichtlich klären lassen“, so Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn.
1. Die Verfügung zum Weihnachtsmarkt
Laut der Verfügung zum Weihnachtsmarkt muss das Klimacamp den Rathausplatz bis spätestens 8. November verlassen und kann am 25. Dezember dorthin zurückkehren. Das Klimacamp ist als Versammlung auf dem Rathausplatz angemeldet. Das Camp steht unter dem Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Die Stadtverwaltung kann in dieses Recht nur eingreifen, wenn mindestens gleichwertige Rechte entgegenstehen. Prinzipiell gibt es auch keine zeitliche Grenze für eine Versammlung. Jedoch: Je länger ein Protestcamp andauert, desto stärker sind bei der Abwägung die Rechte Dritter und öffentliche Belange zu berücksichtigen. Das Freiburger Klimacamp besteht seit mehr als einem Jahr, die Versammlung ist bis in das Jahr 2035 angemeldet.
Die Stadtverwaltung sieht vor allem die Grundrechte der Berufs- und Gewerbefreiheit der Marktbeschickerinnen und -beschicker eingeschränkt. Die Standbetreibenden des Weihnachtsmarkts und die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe (FWTM) als Veranstalterin brauchen zudem Planungs- und Rechtssicherheit. Die Stadtverwaltung hat deshalb nach sorgfältiger Abwägung entschieden, dass das Camp den Rathausplatz zeitweise verlassen muss.
Den Weihnachtsmarkt in Freiburg gibt es seit 1973, der Rathausplatz war der erste Standort und ist Mitte und Herz der Veranstaltung. Rechtlich stellt der Weihnachtsmarkt eine öffentliche Einrichtung der Stadt und eine marktrechtlich festgesetzte Veranstaltung dar.
Im vergangenen Jahr hatten Stadtverwaltung und die Aktivistinnen und Aktivisten des Klimacamps einen gemeinsamen Weg für den Weihnachtsmarkt gefunden. Das Camp wurde dafür temporär in den Stadtgarten verlegt. Die FWTM als Veranstalterin des Weihnachtsmarkts hatte dem Klimacamp im Gegenzug ermöglicht, mit einem eigenen Stand auf dem Weihnachtsmarkt präsent zu sein.
Schon zu Beginn dieses Jahres hat die Stadtverwaltung das Klimacamp auf die gesamtgesellschaftliche, touristische und wirtschaftliche Bedeutung des Weihnachtsmarkts hingewiesen und erneut um eine zeitweise Verlegung des Klimacamps gebeten. Auch für dieses Jahr wurde ein Weihnachtsmarkt-Stand angeboten. Außerdem wurden mit dem Platz der Alten Synagoge und dem Platz vor dem Rathaus im Stühlinger zwei prominente und publikumsstarke sowie mit der Straßenbahn direkt erreichbare alternative Standorte für die Zeit der Verlegung angeboten. Beide Optionen wurden von den Vertreterinnen und Vertretern des Klimacamps jedoch abgelehnt.
Gegenvorschlag des Klimacamp-Bündnisses ist, das Camp auf die Rempartstraße zu verlegen. Die Straße vor der Mensa müsste dann für sieben Wochen für den Verkehr gesperrt werden. Dieser Vorschlag ist nicht umsetzbar. Die Auswirkungen auf den Verkehr – auch im Hinblick auf die Erreichbarkeit der Innenstadt in der Vorweihnachtszeit und die Lage der Parkhäuser in der
Rempartstraße – sind zu groß.
Gegen den Bescheid kann das Klimacamp-Bündnis Widerspruch einlegen und beim Verwaltungsgericht Freiburg einstweiligen Rechtsschutz beantragen.
2. Die Verfügung zur Reduzierung des Camps
Seit geraumer Zeit stehen vier große Zelte des Klimacamps auf dem Rathausplatz. Ein Informationszelt dient tagsüber als Anlaufstelle für die Öffentlichkeit, ein Schlafzelt wird zum Übernachten genutzt. Darüber hinaus gibt es ein Zelt, das die Aktivistinnen und Aktivisten als „Salon des guten Lebens“ bezeichnen. Das vierte Zelt ist ein Lager für Material.
Die beiden letztgenannten Zelte stehen nach Auffassung der Stadtverwaltung nicht unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit. Sie haben nicht den erforderlichen inhaltlichen Bezug zur bezweckten Meinungskundgabe. Zudem sind sie nicht notwendig für die logistische Infrastruktur des Camps.
In der zweiten Verfügung wird deshalb angeordnet, dass zwei der vier Zelte dauerhaft entfernt werden müssen. Diese zwei Zelte dürften also nach dem Weihnachtsmarkt nicht wieder aufgebaut werden. Die beiden anderen Zelte hingegen dürfen wieder auf dem Rathausplatz stehen. Das Klimacamp kann das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit also auch künftig auf dem Rathausplatz in Anspruch nehmen. Gegen die Entscheidung der Stadt zur Verkleinerung des Camps kann das Klimacamp-Bündnis Rechtsmittel einlegen.
Der Rathausplatz ist ein zentraler und beliebter Ort in Freiburgs Innenstadt, den viele Bürgerinnen und Bürger aus unterschiedlichsten Gründen sowie die ansässige Gastronomie nutzen. Hier finden wichtige Traditionsveranstaltungen statt wie der Internationalen Frauentag, der Freiburger Weihnachtsmarkt, der Tag der Ausbildung, die Fasnacht oder der Rathaus-Hock sowie weitere besondere Anlässe. Das Klimacamp nimmt aber sehr viel Raum ein, so dass andere Veranstaltungen nicht oder nur eingeschränkt stattfinden können.
Klimaschutz ist Schwerpunkt der Stadtpolitik
Die Verfügungen richten sich nicht gegen die Forderungen der Campenden für mehr Klimaschutz, im Gegenteil. Es gibt viele gemeinsame Ziele im Kampf gegen den Klimawandel. Klimaschutz ist eines der Schwerpunktthemen der Freiburger Stadtpolitik, es werden Millionen in den Bereich investiert und in den verschiedenen gemeinderätlichen Gremien hierüber sowie auf der städtischen Homepage berichtet. Die Klimaziele und Projekte der Stadtverwaltung sind ambitioniert und werden mit Nachdruck verfolgt, wie sich etwa im jüngst verabschiedeten Haushalt sehen lässt. Beim Klimaschutz wird aber auf konkretes Handeln gesetzt, statt auf symbolische Aktionen wie einen Notstand auszurufen. Auch das ist eine Forderung des Klimacamps. Gemeinderat und Stadtverwaltung haben bereits viele konkrete Projekte zum Klimaschutz beschlossen und arbeiten bereits an der Umsetzung. Bis 2035 will die Stadt klimaneutral sein, dafür wurde unter anderem der 120 Millionen Euro schwere Zukunftsfonds Klimaschutz ins Leben gerufen. Mit dem Klimamobilitätsplan wird die Mobilitätswende vorangetrieben, das Fernwärmenetz wird ausgebaut – und es ließen sich viele weitere Beispiele nennen. |