Miller: NaturvertrĂ€gliche Nutzung und effektive Schutzgebiete mĂŒssen Hand in Hand gehen
Berlin, 5.06.2020 â zum Welttag des Meeres am Montag, den 8. Juni fordert der NABU, die Meere endlich wirksam zu schĂŒtzen. âWir mĂŒssen dabei ĂŒber die klassischen Schutzinstrumente hinausdenken. Denn die Herausforderung liegt nicht allein im Schutz einzelner Arten, sondern vor allem auch in der naturvertrĂ€glichen Nutzung der Meere,â erklĂ€rt dazu NABU-BundesgeschĂ€ftsfĂŒhrer Leif Miller. Das bekrĂ€ftigt auch der kĂŒrzlich veröffentlichte BMU-Bericht zur Lage der Natur 2020, der den Meeren einen viel zu hohen Nutzungsdruck attestiert â durch Fischerei und Schifffahrt, aber auch durch den Ausbau der Offshore Windenergie. âMeeresschutz muss auch ĂŒber einzelne Schutzgebiete hinaus wirksam sein. Die Politik ist hier in der Pflicht, Nutzung und Verkehr auf dem Meer so zu gestalten, dass marine Arten und wichtige LebensrĂ€ume geschĂŒtzt werden und erhalten bleiben â und das ganz unabhĂ€ngig davon, ob es sich um ein Schutzgebiet handelt oder nicht. Das ist der Kurswechsel, den wir fĂŒr gesunde Meere brauchen. Die Bundesregierung steht hier in der Verantwortungâ, so der NABU-BundesgeschĂ€ftsfĂŒhrer weiter.
Ein alarmierendes Negativbeispiel ist vor diesem Hintergrund die aktuelle Ănderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes, die vergangene Woche das Bundeskabinett passierte. Die Ănderung will bis 2040 eine KapazitĂ€t von 40 GW Offshore Wind erreichen. âDamit soll die KapazitĂ€t fĂŒr Offshore-Windkraft etwa verfĂŒnffacht werden, wissend um massive ungelöste Naturschutzkonflikte. Wie soll das gehen, wenn unsere Meere heute schon völlig ĂŒberlastet sind?,â fragt Kim Detloff, NABU-Meeresschutzexperte. Der eigentlich bis 2020 von der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie geforderte âGute Umweltzustandâ wird dadurch verfehlt. Ein Drittel der Arten in Nord- und Ostsee steht auf der Roten Liste, der bereits 1992 in der europĂ€ischen FFH-Richtlinie verabredete âGĂŒnstige Erhaltungszustandâ wird in der Ostsee fĂŒr alle Lebensraumtypen und Arten verfehlt, in der Nordsee sieht es kaum besser aus. Dazu Kim Detloff weiter: âAlle Fakten mahnen uns vor der Zerstörung unserer Meere direkt vor unserer HaustĂŒr. Wie kann es sein, dass diese Alarmzeichen ignoriert werden und die NaturvertrĂ€glichkeit von Energiegewinnung, Fischerei und Schiffsverkehr ausgeblendet wird? Wir mĂŒssen damit aufhören unsere Meere ĂŒberzustrapazieren, ansonsten verlieren wir nicht nur schĂŒtzenswerte Arten, sondern auch unersetzliche Ressourcen und klimarelevante Ăkosystemleistungen.â Hoffnung setzt der NABU in die aktuell laufende Fortschreibung der Meeresraumordnung. In dem vom Bundesamt fĂŒr Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) koordinierten Verfahren sollen bis Mitte 2021 Nutzung und Schutz der Meere ausgehandelt und abgestimmt werden. Die Raumordnung schafft wichtige Voraussetzungen, um die europarechtlich vorgegebenen Ziele der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie sowie der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie zu erreichen.
Der Weltklimarat hat in seinem Ozean-Bericht im letzten Jahr eindringlich darauf hingewiesen, wie stark die Meere unser Klima regulieren. Beispielsweise Seegraswiesen und Mangroven entziehen der AtmosphĂ€re groĂe Mengen COâ. Insbesondere Salz- und Seegraswiesen sollten deshalb auch in Nord- und Ostsee verstĂ€rkt renaturiert werden.
Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die Artenvielfalt im Meer die Existenz von weltweit drei Milliarden Menschen sichert. Kim Detloff: âDas zeigt, Meere sind viel mehr als ein Wirtschaftsraum oder als ein ErschlieĂungsgebiet fĂŒr Offshore Windparks. Neben der naturvertrĂ€glichen Nutzung sind deshalb gut gemanagte Meeresschutzgebiete eine wichtige Voraussetzung gesunder Meere.â Doch bislang wird der Schutz in Deutschlands Meeresschutzgebieten nicht umgesetzt, obwohl die Gebiete bereits vor 16 Jahren an die EuropĂ€ische Kommission gemeldet wurden. âWir appellieren an die Minsiterien fĂŒr Umwelt, Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft, eine Einigung zu erreichen und die HĂ€lfte der ausgewiesenen SchutzgebietsflĂ€chen im Meer aus der Nutzung zu nehmen. Das unterstĂŒtzt im Ăbrigen auch die neue BiodiversitĂ€tsstrategie der EU, sowie neue NotfallmaĂnahmen des internationalen Rates fĂŒr Meeresforschung fĂŒr den Ostseeschweinswal. Wir brauchen eine echte Schutz-Offensive fĂŒr die Meere und starke Umsetzungstrukturen,â so Detloff. |