iz3w - Zeitschrift zwischen Nord und Süd (März/April 2015)
Folter ist weltweit geächtet. Jedenfalls könnte man das aufgrund der Tatsache annehmen, dass 155 Staaten die UN-Antifolterkonvention ratifiziert haben. Fakt ist aber auch, dass Amnesty International aus 141 Ländern Berichte über die Anwendung von Folter oder folterähnlicher Gewalt vorliegen. Folternde Unrechtsstaaten sind dabei nicht auf den Globalen Süden beschränkt. Auch im Norden ist folterähnliche Gewalt (wieder) eine konkrete Handlungsoption bei der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols und der Bekämpfung des Terrorismus.
Unser Themenschwerpunkt nimmt eine grundsätzlich herrschaftskritische Sichtweise ein und begreift Folter nicht als bloße Abweichung von der menschenrechtlichen Norm, sondern als Zuspitzung von Herrschaft, als ultimatives Mittel zu ihrer Sicherung. Die Möglichkeit der Folter ist eine Drohung, mit der jedes aufbegehrende oder ‚feindliche’ Individuum dort getroffen werden soll, wo es am verletzlichsten ist: Bei der körperlichen und seelischen Integrität. Nie ist die Einsamkeit des Menschen größer als im Moment der Folter und des absoluten Ausgeliefertseins. |