Nandus und Strauße haben zahlreichen Nachwuchs bekommen
Nur Fliegen ist schöner? Das sehen Nandus und Strauße anders – und ein bisschen Erfahrung in dieser Frage kann den langhaxigen Laufvögeln niemand absprechen. Schließlich bevölkern Rhea americana (Nandu; Bild oben) und Struthio camelus (Strauß) die Grassteppen Südamerikas bzw. die Savannen Afrikas schon deutlich länger als der Mensch. Genauer: seit der Zeit der Dinosaurier, die vor 65 Millionen Jahren endete.
Einige Exemplare beider Gattungen haben vor Jahren den Weg nach Freiburg gefunden. Genauer: auf den Mundenhof. Dessen jüngste Umbauten und Gehege-Erweiterungen, die auch den Straußenvögeln zugutekamen, führten jüngst zu einer Explosion der Frühlingsgefühle: Sowohl die Nandus wie auch die Strauße des Mundenhofs haben zahlreichen Nachwuchs bekommen.
Bei Familie Nandu (die so heißt, weil ihr Ruf wie ein dumpfes „nan-du“ klingt) sind Mitte Juli sieben Küken geschlüpft, deren Geschlecht noch Gegenstand freier Spekulation und genauer Beobachtung ist. Nandus sind die nächsten Verwandte der Strauße, nach 35 bis 38 Tagen Brutzeit schlüpft ihr Nachwuchs, entweder in grauem oder weißem Gefieder; dieses Jahr sind alle Klein-Nandus grau geraten. Ihre Familie auf dem Mundenhof umfasst zwei männliche und drei weibliche adulte Tiere, die im Laufe ihrer Evolution (immerhin 65 Mio Jahre, siehe oben) eine besondere Arbeitsteilung entwickelt haben: Brüten tun nur die Hähne. Die Hennen treten, wohl aus Futterneid, gegenüber den Jungvögeln eher aggressiv auf. Wenn der Nandu-Hahn Glück hat, legt die Henne die Eier in die Nähe des Nests; dann muss er die Eier nicht so weit ins Nest rollen. Über dessen Lage und Ausstattung entscheidet er allein – und da hat jeder Hahn eigene Vorlieben bei der Nestwahl. Der jetzige Mundenhof-Hahn ist offenbar der Musik gewogen und hat die Eier während des Zeltmusikfestivals wieder Richtung ZMF-Gelände bebrütet.
Nandus ernähren sich von Gräsern, Kräutern und Insekten, greifen aber auch mal bei Kleintieren zu. Sie werden bis zu 30 Jahre alt, bis zu bis 25 Kilo schwer und bis zu 1,60 Meter hoch (Scheitelhöhe). Über diese Dimensionen kann sein afrikanischer Vetter nur milde lächeln: der Strauß wird viel älter, viel schwerer, viel größer. Dafür hat der Nandu andere Alleinstellungsmerkmale. Ihm fehlen drei Vorderzehen und eine Hinterzehe. Auch Kopf, Hals und Schenkel sind – anders als beim Strauß – mit Federn bedeckt. Sein Darm ist sehr lang (was auch für den Blinddarm gilt), sein Auge gut und sein Gehör scharf. Und das ist gut so, denn dieser flugunfähige Langbeiner durchstreift schier endlose Ebenen und Hochebenen im Grasland und Gestrüpp in fast ganz Südamerika. Ihr grau-braunweißes Gefieder bietet ihnen dort im hohen Gras eine ausgezeichnete Tarnung. Der Hahn hat in der Paarungszeit einen dunklen Kragen an der Basis des Halses und stößt laute dumpfe Rufe aus, um Weibchen anzulocken. Das klappt vorzüglich – ein Nandu paart sich mit bis zu 12 Weibchen. Danach scharrt er ein Nest frei, in das die Hennen bis zu 60 Eier legen. Nach dem Legen übernimmt er alleine das Brutgeschäft und die Aufzucht der Jungen.
Bei Familie Strauß kam der Storch schon am 27. Juni – und brachte gleich neun Küken mit. Nachwuchs kommt beim schwersten Vogel der Welt (bis zu 150 Kilo) jedes Jahr, wenn alles gut läuft. Die Küken schlüpfen binnen weniger Tage und bleiben auf dem Mundenhof für sechs Wochen weggesperrt, damit sie keinen Gefahren ausgesetzt sind; gerne greifen z.B. Krähen die wehrlosen Küken an. Dank des neuen Stalls hat der Mundenhof diesmal alle Neune durch die gefährliche Zeit gebracht; seit kurzem sind sie auf der großen Koppel unterwegs und nun für Alle gut zu sehen. Um Inzucht zu vermeiden, werden sie im Alter von 9 bis 12 Monaten abgegeben, an andere Zoos oder an Straußenfarmen.
Strauße sind die schnellsten Laufvögel der Welt (max. 70 km/h) und auch die größten Vögel, die es noch gibt; mit 2,80 Meter Höhe ist ihr Kopf dem Basketballkorb näher als der Querlatte eines Fußballtores. Ihr Brutverhalten weicht deutlich vom Nandu ab; hier wechseln sich Hahn und Henne paritätisch ab – nachts der schwarze Hahn, tagsüber die graue. Auch die Jungenaufzucht geschieht gemeinsam.
Baulich setzen sich die Besonderheiten fort. Ihr Knochengewicht ist für so ein großes Tier gering (Hohlknochen), die extrem starke Oberschenkelmuskulatur ist für Rennen ideal, die Federn taugen für die Balz, aber nicht zum Überwinden der Schwerkraft. Ein Vogel, der nicht fliegen kann, muss sich anders wehren; beim Strauß sind die Zehen seine gefährlichste Waffe. Nach den Zoorichtlinien ist ein Straußenhahn in der Balz genauso gefährlich wie ein Löwe.
Im Oberstübchen geht es dagegen übersichtlich zu: das Gehirn der Strauße ist nur erbsengroß. Komplexe Denkvorgänge sind auch gar nicht nötig, da Strauße seit dem Aussterben der Dinosaurier kaum noch natürliche Feinde haben. Mögliche Bodenfeinde halten sie sich durch Wehrhaftigkeit oder Schnelligkeit vom Leib. So klein das Hirn, so groß das Herz: Pflegekräfte des Mundenhofs berichten davon, wie Strauße starke Bindungen zu Menschen aufbauen. Unter anderem wegen ihres interessanten Sozialverhaltens hält der Mundenhof ja Strauße. Und weil sie schön sind, tolle Wimpern haben, eine beeindruckende Gestalt und eine sehr sehr lange Vorgeschichte. Die geht mit neun neuen Küken jetzt in die nächste Generation.
Bitte um Spenden
Nachdem die Strauße im neuen Stall bestens untergebracht sind, will der Mundenhof auch seinen Nandus Gutes tun und einen Nandu-Anbau an den Lamastall setzen. Das wird einen fünfstelligen Betrag kosten, den der Mundenhof nicht hat. Deshalb ist er auf Spenden angewiesen. Wer helfen kann: Mundenhof-Konto IBAN DE63 6805 0101 0002 0100 12 (Sparkasse Freiburg), Buchungszeichen 27 99 08 20 (für Spenden) |