Frisch sanierte Repliken rahmen goldglänzend den Zuschauerraum
Das historische Gartentheater der Herrenhäuser Gärten wird mehr als 300 Jahre nach seiner Entstehung in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. In den Wintermonaten sind bereits der nicht mehr genutzte Orchestergraben verfüllt, Bäume und Hecken gerodet und neu gepflanzt worden. Damit das Theater dem Original so nahe wie möglich kommt, fehlten jedoch noch einige goldene Figuren. 17 von ursprünglich 27 vergoldeten Bleifiguren sind noch erhalten und zieren seit 2009 wieder die Bühne. Die Wenger-Stiftung für Denkmalpflege hatte ihre aufwändige Restaurierung finanziert und setzt sich nun erneut für das Gartentheater ein: Mit insgesamt 120.000 Euro finanziert sie die Restaurierung der insgesamt zwölf Repliken, die künftig den Zuschauerraum und die Balustrade des Theaters schmücken werden. Acht der in einer Regensburger Spezialwerkstatt restaurierten Bronzerepliken sind jetzt aufgestellt worden. Die übrigen folgen im zweiten Bauabschnitt.
„Wir freuen uns sehr darüber, dass wir die Erneuerung der Goldfiguren nochmals unterstützen konnten und zur Vervollständigung eines Denkmals von herausragender Bedeutung beitragen", sagte Dr.Peter Königfeld, stellvertrender Vorstandsvorsitzender der Wenger-Stiftung, am Donnerstag bei der Aufstellung der Figuren.
So nah am Original wie möglich
Es ist zwar aus Plänen und Stichen bekannt, dass Figuren im Zuschauerraum gestanden haben, welche genau, weiß man jedoch nicht. Daher werden nun Repliken schon vorhandener Figuren aufgestellt, quasi Doppelgänger der Tänzerinnen, Knaben und Faune auf der Bühne. Ihre Standorte sind mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt worden.
Die Bedeutung der Figuren im Gartentheater
„Zum Wesen dieses höfischen Festraumes gehörte es auch, dass die 27 vergoldeten Figuren, die die Bühne und das Amphitheater (= Zuschauerraum) umrundeten, Besucher*innen in ihre Mitte aufnahmen und sinnbildlich in das Goldene Zeitalter entführten,“ erläuterte Dr. Peter Königfeld. Die Figuren seien nicht als bloße Staffage zu verstehen. Vielmehr sollten sie quasi Mitspielende sein, die sich mit Blicken und Gesten zum Bühnengeschehen mit seinen reich kostümierten Darsteller*innen hinwendeten.
Bleifiguren waren in der Renaissance und im Barock ein beliebter Ersatz für die viel teureren Figuren aus Bronze. Blei war aber auch viel empfindlicher als Bronze, sodass europaweit nur wenige Figuren erhalten geblieben sind. Es gibt sie heute nur noch in Herrenhausen und Lissabon. Die Figuren sind Nachbildungen berühmter Vorbilder aus der Antike wie der Venus Medici und des Borghesischen Fechters. Umgeben sind sie von tanzenden und musizierenden Faunen, mythischen Naturgeistern aus dem Gefolge des sinnenfrohen griechischen Gottes Dionysos.
Von der Freilichtbühne zurück zum Festraum
Das um 1690 errichtete Gartentheater Herrenhausen ist nach derzeitigem Stand der Forschung das erste Heckentheater in Deutschland und von wegweisender Bedeutung für die Entstehung weiterer Gartentheater. Es wurde als barocke Kulissenbühne angelegt, aber auch als Festraum, in dem gefeiert wurde. Weltweit einmalig sind seine Größe, seine reiche Ausstattung, die Verbindung von Zuschauerraum und Bühne sowie die Eingliederung in die gesamte Gartenanlage. „Im 20. Jahrhundert hat man jedoch Veränderungen vorgenommen, vor allem an der Raumaufteilung und der räumlichen Wirkung“, erklärte Ronald Clark, Direktor der Herrenhäuser Gärten. Die Sanierung wird in zwei Bauabschnitten den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Jungbäume ersetzen die alten in Kastenform geschnittenen Linden, Hainbuchenhecken wurden gerodet und an anderer Stelle neu gepflanzt. Der nicht mehr genutzte Orchestergraben ist verschwunden.
Seit Mitte Mai ist das Theater wieder für Gartenbesucher*innen zugänglich, die Fortsetzung der Bauarbeiten erfolgt im kommenden Winterhalbjahr.
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