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Donnerstag, 21. November 2024
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Freiburg trauert um Oberbürgermeister a. D. Dr. Rolf Böhme
Ehrenbürger der Stadt Freiburg verstarb in der Nacht auf Dienstag im Alter von 84 Jahren

Oberbürgermeister Martin Horn: „Rolf Böhme hat unsere Stadt geprägt wie nur wenige andere Persönlichkeiten. Als überzeugter Sozialpolitiker und Europäer hat er in Freiburg dauerhafte Spuren hinterlassen.“

Stadtverwaltung, Gemeinderat und die Freiburger Bürgerschaft trauern um ihren Ehrenbürger Rolf Böhme. Der langjährige Oberbürgermeister der Stadt starb nach schwerer Krankheit in der Nacht auf Dienstag im Alter von 84 Jahren.

Rolf Böhme war von 1982 bis 2002 Oberbürgermeister der Stadt Freiburg. Der promovierte Jurist war Ehrenbürger der Stadt, Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und des Großen Bundesverdienstkreuzes.

Oberbürgermeister Martin Horn sagte unmittelbar nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod seines Amtsvorgängers: „Der Tod von Dr. Rolf Böhme hat uns alle tief getroffen. Als Stadtoberhaupt hat er Freiburg geprägt wie wenige andere Persönlichkeiten. Mit seinen Visionen und seiner zupackenden Art hat er in seiner 20-jährigen Amtszeit und auch darüber hinaus unsere Stadt entscheidend gestaltet. Dabei hat er sich bis zuletzt für eine lebendige, grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingesetzt. Wir verlieren nicht nur einen großartigen Politiker und überzeugten Europäer, sondern auch einen außergewöhnlichen Menschen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie."

Die langjährige Amtszeit Böhmes war unter anderem durch umfangreiche Bauprojekte und die Modernisierung der städtischen Infrastruktur geprägt. Sichtbare Ergebnisse sind vor allem die beiden nachhaltig geplanten Modellstadtteile Rieselfeld und Vauban für zusammen rund 17.000 Menschen, wegweisende Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Freiburg. Aber auch die Errichtung weiterer Grundschulen und der Neuen Messe, der schrittweise Ausbau des Dreisamstadions auf Bundesliganiveau für den SC Freiburg oder die Realisierung der modernen „Bahnhofsmeile“ inklusive neuem Hauptbahnhof und Konzerthaus wurden in seiner Amtszeit angepackt.

Besonders am Herzen lagen Rolf Böhme der Ausbau der Städtepartnerschaften und die regionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Bedeutende Wegmarken waren zum Beispiel regelmäßige gemeinsame Gemeinderatssitzungen mit Mulhouse, der Kooperationsvertrag „Region Freiburg“ zusammen mit den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen oder eine verbesserte Anbindung Freiburgs an den EuroAirport. Praktische Ergebnisse dieser Zusammenarbeit waren unter anderem die Breisgau S-Bahn, die gemeinsamen Zweckverbände für den Gewerbepark Breisgau, für den öffentlichen Nahverkehr, die Fusion der Energieversorger zur badenova und die Abfallwirtschaft oder die Fusion der Sparkassen zur einheitlichen „Sparkasse Freiburg – Nördlicher Breisgau“.
Im Jahr 2000 wurde die deutschlandweit erste Städtepartnerschaft mit einer iranischen Stadt vereinbart, der Universitätsstadt Isfahan. Ein Jahr darauf kam der Deutschfranzösische Regierungsgipfel nach Freiburg, mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Staatspräsident Jacques Chirac.

Eine große Rolle in Böhmes Amtszeit spielte auch der Umweltschutz, lange bevor der Begriff „nachhaltig“ in aller Munde war. Die Solarenergie wurde gezielt gefördert, so dass Freiburg eingeladen wurde, sich als „Solarregion“ auf der EXPO 2000 in Hannover zu präsentieren. Die Umweltkarte (heute Regiokarte) wurde als Modellprojekt bundesweit beachtet, umfangreiche Sanierungsprogramme unterstützten die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer. 1992 wurde Freiburg für diese vielfältigen Anstrengungen als „Ökohauptstadt“ ausgezeichnet.

1998 übernahm Böhme zusätzlich auch die Aufgaben eines Kulturdezernenten, in diesem Bereich wurden die Sanierung des Stadttheaters in Angriff genommen und die Deutsch-Französischen Kulturgespräche 1996 als gemeinsame Veranstaltung der Stadt und des Landes Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Diese Verbundenheit mit Frankreich wurde auch im sportlichen Bereich sichtbar, die Freiburg-Etappe bei der Tour de France 2000 wurde zur erfolgreichsten der ganzen Tour.
Wesentliche kulturelle Neuerungen seiner Amtszeit waren aber auch das Jazzhaus an der Schnewlinstraße und das weit über Freiburg hinaus bekannte Zeltmusikfestival, bis heute ein kulturelles Aushängeschild der Stadt Freiburg.

Rolf Böhmes Eintreten für Völkerverständigung und gegen Fremdenfeindlichkeit zeigte sich in der Initiative “Für eine offene Stadt - gegen Fremdenhass und Rassenwahn”, an der regelmäßigen Teilnahme an den Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht oder zur Deportation der badischen Juden nach Gurs. Er unterstützte engagiert den Bau der neuen Synagoge. Begegnungswochen für ehemalige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger und Holocaustüberlebende und zahlreiche Zeitzeugengespräche trugen wesentlich bei zur Aufarbeitung der NS-Geschichte in Freiburg.

Auch über den verantwortungsvollen Umgang mit den Verbrechen während des Nationalsozialismus hinaus förderte Böhme die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Identität dieser Stadt. So setzte er sich ein für die Einrichtung des Museums für Stadtgeschichte im Wentzingerhaus, feierte mit der Bevölkerung den 500. Jahrestag des Freiburger Reichstags unter Kaiser Maximilian oder den 150. Geburtstag der Badischen Revolution von 1848. Die aufwendige Veröffentlichung der dreibändigen „Geschichte der Stadt Freiburg“ war ihm eine Herzensangelegenheit, ebenso wie die 875-Jahr-Feier 1995. Eine besondere Beziehung hatte er zum Freiburger Münster, der Münsterbauverein ernannte ihn seinerzeit zum Ehrenmitglied.

Er setzte sich zu Beginn der 80er Jahre erfolgreich ein für den sozialen Frieden in der Stadt in einer Zeit der sozialen Unruhen und Hausbesetzungen. Er förderte Verständigung und Gespräche zwischen den Milieus und Interessensgruppen, gemäß dem Grundsatz “Ja zu Toleranz und alternativen Lebensformen - Nein zu Rechtsbruch und Gewalt”. Seiner geschickten Vermittlerrolle war es zu verdanken, dass sich die verschiedenen Seiten an den Verhandlungstisch setzten.

Dr. Rolf Böhme wurde 1934 in Konstanz geboren und hatte Rechtswissenschaften in München und Freiburg studiert, dann an der Universität Freiburg promoviert. Bereits früh trat er der SPD bei, er wurde 1971 in den Freiburger Gemeinderat gewählt und war 1972 bis 1982 Mitglied des Deutschen Bundestags für den Wahlkreis Freiburg. Von 1978 bis 1982 gehörte er als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen dem Kabinett von Bundeskanzler Helmut Schmidt an.

In einer äußerst knappen Entscheidung ließ er 1982 im zweiten Wahlgang seinen Konkurrenten Sven von UngernSternberg hinter sich und wurde von den Freiburgerinnen und Freiburgern als Nachfolger von Eugen Keidel zum Oberbürgermeister gewählt. 1990 und 1998 wurde er wiedergewählt, 2002 schließlich schied er aufgrund der Altersgrenze aus dem Amt aus, die daraufhin notwendig gewordene Neuwahl gewann sein Nachfolger Dieter Salomon. Im Anschluss war Dr. Rolf Böhme von 2003 bis 2015 Partner einer Rechtsanwaltskanzlei vor Ort, 2002 bis 2005 beriet er außerdem ehrenamtlich den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily.

Die Stadt Freiburg wird am Rathaus Trauerbeflaggung zeigen, für die Einwohnerschaft wird außerdem ein Kondolenzbuch im unteren Saal der Gerichtslaube öffentlich ausgelegt – von Donnerstag bis Samstag jeweils von 10 bis 17 Uhr.
 
Eintrag vom: 12.02.2019  




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