Freiburg in Baden-Württemberg führend
Evaluation durch Evangelische Hochschule zeigt sehr gute Ergebnisse
Seit diesem Schuljahr arbeitet an jeder der 54 allgemeinbildenden, öffentlichen Schulen in Freiburg mindestens eine Schulsozialarbeiterin oder ein Schulsozialarbeiter. Damit haben alle Freiburger Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich bei Schwierigkeiten mit der Schule, mit der Familie, mit Freundinnen oder Freunden vertrauensvoll an ausgebildete Fachkräfte zu wenden. Sie sollen Hilfe bei ihren Problemen bekommen, die sie beim Lernen behindern. Mit insgesamt 68 Personen und damit 2,42 Stellen Schulsozialarbeit pro 1.000 Schülerinnen und Schüler zwischen 6 und 18 Jahren ist Freiburg in Baden-Württemberg hinsichtlich der personellen Ausstattung führend. Eine zweijährige Evaluation der Evangelischen Hochschule belegt jetzt außerdem, dass Freiburg mit seinen Qualitätsstandards in der Schulsozialarbeit richtungsweisend ist.
Die ausgebildeten Sozialarbeiterinnen und -arbeiter sind immer direkt an den Schulen angesiedelt und haben dort ein Büro, in dem sie Gespräche führen können. In der Regel arbeiten sie an einer Schule, ausnahmsweise auch mal an zwei Schulen. Der größte Anteil ihrer Arbeitszeit geht in die Einzelberatung von Schülerinnen und Schüler. Meistens kommen die Kinder und Jugendlichen direkt zu ihnen, manchmal wird der Kontakt auch über Eltern oder Lehrerinnen und Lehrer aufgenommen. Die Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter machen auf sich und ihr Angebot aufmerksam, in dem sie zum Beispiel in der Pause Projekte anbieten. Auch die Lehrerinnen und Lehrer können sich an die Schulsozialarbeit wenden und Unterstützung für einzelne Unterrichtsstunden bekommen, so, wenn es Probleme durch Mobbing gibt oder ein schlechtes Klima in der Klasse herrscht und die Lehrkräfte einfach Unterstützung benötigen. Manche Schulsozialarbeiterinnen oder -arbeiter kommen auch ins Schullandheim mit und machen dort erlebnispädagogische Angebote, um die sozialen Kompetenzen der Klasse oder der einzelnen Schülerinnen und Schüler zu stärken.
Meistens haben die Fachkräfte eine 75-Prozent-Stelle. Während der Unterrichtswochen arbeiten sie mehr, dafür haben sie den größten Teil der Schulferien frei. Die einzelnen Aufgaben werden statistisch erfasst (Zählliste) und müssen am Schuljahresende dem Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS - das ehemalige Landesjugendamt) gemeldet werden. Außerdem sind die Fachkräfte regelmäßig in schulische Gremien und fachliche Austauschrunden und Fortbildungen eingebunden. Die konkrete Umsetzung von Schulsozialarbeit ist von Schule zu Schule unterschiedlich, je nach Bedarf und Absprache mit den Lehrerinnen und Lehrern, den Schulleitungen und den Anfragen der Schülerinnen und Schüler.
Von Beginn an gab es in Freiburg eine Kooperation der Stadt mit den freien Trägern. Der Großteil der Fachkräfte ist bei zwölf freien Trägern der Jugendhilfe angestellt. Sie üben auch die Sach- und Fachaufsicht aus. Zwei der drei Fachkräfte der Staudinger Gesamtschule sind historisch bedingt bei der Stadt angestellt. Das Amt für Kinder, Jugend und Familie (AKI) begleitet die freien Träger und Fachkräfte fachlich, übernimmt die Praxiskoordination sowie die Steuerung in verschiedenen Gremien und Austauschtreffen.
Alle städtisch geförderten Träger haben sich zur Einhaltung von Qualitätsstandards verpflichtet. Dies wird in einer einheitlichen Kooperationsvereinbarung festgehalten. Die zuständige Abteilung im AKI begleitet die Qualitätsentwicklung, lädt regelmäßig zu einer Arbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit ein, zu der alle Träger, Schulleitungen, Regierungspräsidium, Amt für Schule und Bildung, das staatliche Schulamt sowie Polizei geladen sind. Auch organisiert die Fachabteilung das Plenum Schulsozialarbeit, ein jährliches Treffen aller beteiligten Personen mit rund 100 Teilnehmenden. Außerdem begleitet die Fachabteilung die Schulen beim Einstieg in die Schulsozialarbeit, steht als Ansprechpartnerin für neue Fachkräfte zur Verfügung und organisiert die Fachgruppen der verschiedenen Schultypen für den fachlichen Austausch.
Qualitätsstandards für die Schulsozialarbeit werden in Freiburg seit 2002 entwickelt. Erarbeitet haben sie freie Träger der Jugendhilfe, das staatliche Schulamt, das Amt für Schule und Bildung und das Amt für Kinder, Jugend, die aktuelle Fassung ist von 2011. An diesen orientieren sich die Fachkräfte bei der Ausgestaltung ihrer Arbeit. Das Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) an der Evangelischen Hochschule Freiburg untersuchte in den letzten zwei Jahren unter Leitung von Prof. Klaus Fröhlich-Gildhoff und Annegret Reutter, MA Soziale Arbeit, die Qualität der Schulsozialarbeit trägerübergreifend und gab Anregungen zur Weiterentwicklung.
Ergebnis der zweistufigen Evaluation ist, dass die entwickelten Qualitätsstandards als hilfreich und praktikabel wahrgenommen und im Alltag umgesetzt werden. Damit werde insgesamt die Praxis und das Konzept der Freiburger Schulsozialarbeit bestätigt, so der Abschlussbericht. Die Qualitätsstandards seien handlungsweisend, die Angebote breit aufgestellt. Auch sei die Schulsozialarbeit an den Schulen bekannt und werde je nach Schultyp unterschiedlich, aber immer unterstützend wahrgenommen. An den Grundschulen stünden eher die Gruppenangebote im Fokus, in den höheren Klassenstufen sei die Einzelfallhilfe von größerer Bedeutung. Bei der Prävention komme der Schulsozialarbeit eine besondere Bedeutung zu. Mit ihrer Hilfe werde eine präventive Haltung an der Schule unter Einbeziehung der Lehrkräfte und der Fachkräfte der Schulsozialarbeit etabliert. Bei der Planung der Angebote, so empfiehlt der Abschlussbericht, sollten alle Beteiligten an den Schulen mitsamt Schülerinnen und Schüler sowie Eltern mit einbezogen werden. Auf die Zusammenarbeit der Beratungslehrkräften und der Schulsozialarbeit soll ein besonderer Augenmerk gelegt werden. Insgesamt wird in der Evaluation der Schulsozialarbeit das Fazit gezogen, dass Konzept und Umsetzung in Freiburg als richtungsweisend anzusehen sind. Von zentraler Bedeutung sei dafür die Begleitung, Steuerung und fachliche Beratung durch die Stadt.
Als neue Herausforderungen der Schulsozialarbeit in den nächsten Jahren nennt der Bericht die Verknüpfung der Systeme Jugendhilfe und Schule, die Rolle der Schulsozialarbeit in der Ganztagesschule, eine präventive Orientierung an der Schule, die Inklusion und die Arbeit mit Menschen mit Fluchterfahrung und Migrationshintergrund.
Angesichts dieser Ergebnisse bilanziert die zuständige Bürgermeisterin Gerda Stuchlik: „Wir freuen uns über die guten Ergebnisse. Wir werden weiter an den Qualitätsstandards arbeiten und haben mit der Evaluation die Grundlage für die qualitative und konzeptionelle Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit in Freiburg.“
Auf einer Fachtagung möchte die Evangelische Hochschule die Ergebnisse einer breiten Fachöffentlichkeit vorstellen und diskutieren. Ziel soll eine aktuelle, fachliche Standortbestimmung der Schulsozialarbeit sein. Es soll eine Diskussion über die Stellung und Verankerung der Schulsozialarbeit an der Schnittstelle der Systeme Jugendhilfe und Schule angeregt werden.
Die erste Schulsozialarbeit gab es in Freiburg seit 1988 unter anderem als Teil des Konzepts der Staudinger Gesamtschule oder in den internationale Vorbereitungsklassen an verschiedenen Schulen. Im Jahr 2000 begann der strukturelle Ausbau von Schulsozialarbeit an den allgemeinbildenden Schulen mit den Hauptschulen. Verstärkt wurde er, als der Bund im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaket ab 2012 Mittel für Schulsozialarbeit bereit stellte und die Landesregierung Baden-Württemberg ein Landesförderprogramm zur Schulsozialarbeit auflegte. Jetzt kamen auch an die Real- und Grundschulen Schulsozialarbeiterinnen und –arbeiter. Seit 2016 ist sie auch in den Gymnasien verankert. Im aktuellen Doppelhaushalt sind insgesamt 3,3 Millionen Euro pro Jahr für die Schulsozialarbeit eingestellt, etwa ein Drittel davon finanzieren Landesmittel. |