3.735 Menschen in Freiburg sind an verschiedenen Standorten untergebracht, davon rund 820 in Notfallunterkünften
Zusätzlich 180 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) in Betreuung
Stadt hat in den letzten Monaten rund 1.700 Plätze dezentral errichtet – 2.300 Plätze seit Jahresbeginn umgesetzt oder in Planung
Drei neue Standorte in Planung: Im Moos in Waltershofen, Rankackerweg sowie Parkplatz am Friedhof St. Georgen
Verwaltung sucht weiterhin mit Nachdruck nach geeigneten Flächen und Unterkünften für Flüchtlinge – Bauverfahren stehen unter großem Zeitdruck
Investitionen von rund 50 Millionen Euro in Flüchtlingswohnheime und Notfallunterkünfte
Stadt erwartet vom Land die zugesagte Übernahme sämtlicher Kosten für 2015 und 2016 im Rahmen der vorläufigen Unterbringung
Stadt fordert von Bund und Land eine deutliche Kostenentlastung im Rahmen der Anschlussunterbringung über den „Pakt der Integration von Flüchtlingen in Baden-Württemberg“
Geflüchteten Menschen Schutz und Sicherheit zu bieten ist eine gesellschaftliche und politische Aufgabe, die die Stadtverwaltung leisten muss und will. Um diesem humanitären Auftrag gerecht zu werden, hat sie in den vergangenen Monaten unter extrem hohem Zeitdruck wie bundesweit alle Kommunen gearbeitet. So konnten kurzfristig zahlreiche Unterkünfte für Flüchtlinge errichtet werden und viele Menschen in Notfallunterkünften versorgt werden.
Zum Stichtag 31. März 2016 lebten 3.735 Schutzsuchende in städtischen Unterkünften, davon rund 820 in Notfallunterkünften. Gleichzeitig ist die Stadt Freiburg für 180 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) zuständig. Im letzten Jahr hat die Stadtverwaltung rund 1.700 Unterbringungsplätze für Flüchtlinge geschaffen, im laufenden Jahr wurden bereits rund 2.300 Plätze eingerichtet oder sind in der Planung. Die Zuweisungszahlen des Landes lagen im Januar bei 409 Personen, im Februar bei 324 Personen, im März bei 337 Personen und im April bei 134 Personen.
Zwar sind die Flüchtlingszahlen im April zurückgegangen, dennoch kann nicht vorausgesagt werden, wie viele Menschen in den nächsten Wochen und Monaten nach Freiburg kommen werden. Die Stadt muss weitere Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen, auch um Notfallunterkünfte baldmöglichst auflösen zu können. Zudem müssen für die zeitlich befristeten Standorte dauerhafte Unterbringungsmöglichkeiten gesucht werden. Die Tuniberghalle in Opfingen soll als erste Notfallunterkunft im Mai wieder freigezogen und perspektivisch vor der Sommerpause von den Vereinen wieder genutzt werden können.
Da die Entwicklung der Flüchtlingszahlen weder auf Bundes- oder Landesebene für die nächsten Monate kalkulierbar ist, geht die Stadt zunächst davon aus, dass für 2016 rund 350 Flüchtlinge pro Monat zugewiesen werden. Für 2017 wird von 120 Flüchtlingen pro Monat und für 2018 von 60 Flüchtlingen pro Monat ausgegangen. Diese Annahmen sind die Basis für die Planungen und die erforderlichen Investitionen.
Es ist eine besondere Herausforderung im gesamten Stadtgebiet mit der bestehenden Flächenknappheit geeignete Flächen zu ermitteln und zu realisieren.
Oberbürgermeister Dieter Salomon: „Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitenden, den Grundstücksbesitzern, der hilfsbereiten Nachbarschaft sowie allen Ehrenamtlichen danken, die in den letzten Monaten mit einem hohen persönlichen Einsatz, den Menschen in Freiburg einen Platz in den Gemeinschaftsunterkünften geschaffen haben. Vor allem die persönlichen Schicksale der Geflüchteten sind zu verarbeiten und machen viele vor Ort sehr betroffen.“ Die Stadt hat weiterhin einen dringenden Bedarf an weiteren Flächen, um die flüchtenden Menschen auch in den nächsten Jahren unterbringen zu können. Das ist eine sehr schwierige Aufgabe auf dem ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt in Freiburg
Die anstehenden Bauverfahren sind weiterhin von großem Zeitdruck geprägt. Aufgrund des hohen Drucks, zügig Unterbringungskapazitäten zu schaffen, hatte der Gemeinderat die Verwaltung ermächtigt, nötige Gremienentscheidungen zur Bereitstellung der finanziellen Mittel zur Unterbringung von Flüchtlingen nachzuholen. In seiner Sitzung am 10. Mai wird die Verwaltung den Gemeinderat über die aktuelle Situation der Flüchtlingsunterbringung informieren und ihm die Finanzierung der Standorte zur Entscheidung vorlegen, die bereits umgesetzt werden oder aktuell geplant sind.
Standorte in Holzmodulbauweise wie Im Maierbrühl in Tiengen, der Merzhauser Straße, in der Gundelfinger Straße (Längenloh Nord) und der Wirthstraße sowie Containerstandorte in der Leinenweberstraße, der Kappler Straße, der Zinkmattenstraße und der Ingeborg-Drewitz-Allee sind im Bau oder bereits fertiggestellt. Mit dem jetzigen Beschluss wird die Finanzierung dieser Maßnahmen über den städtischen Haushalt entschieden.
In der Sitzung am 10. Mai will die Verwaltung dem Gemeinderat drei weitere neue Flächen vorstellen. Die Flächen Im Moos in Waltershofen und im Rankackerweg würden sich gut für eine dauerhafte Unterkunft für Flüchtlinge eignen. Eine zeitlich befristete kleine Unterkunft könnte auf einem Teil des Friedhofparkplatzes in St. Georgen entstehen, alternative Flächen in der Umgebung werden noch geprüft. Für diese drei neuen Standorte liegen noch keine Kostenschätzungen vor.
Ziel der Verwaltung ist es, die geflüchteten Menschen nach der Anerkennung ihres Bleiberechts in Wohnungen oder kleineren Wohnheimen unterzubringen. An den Standorten, an denen es möglich ist, sollen langfristige Unterbringungsmöglichkeiten mit einem nachhaltigen Nutzungskonzept geschaffen werden. Die drei neuen Flüchtlingsunterkünfte Im Maierbrühl in Tiengen, in der Merzhauser Straße und in der Gundelfinger Straße (Längenloh-Nord) sind dafür beispielhaft. Sie werden Holzmodulbauweise gebaut. Neben ihrer nachhaltigen Bauweise und guten Dämmung sind sie mit ihrer ansprechenden Gestaltung für die Bewohnerinnen und Bewohner sowie für die Nachbarn gleichermaßen eine deutliche Verbesserung zu Containerbauten. Zudem können die Unterkünfte an andere Standorte versetzt werden oder wenn ein Bedarf an Flüchtlingsunterkünften nicht mehr bestehen sollte, können andere Nutzungen überlegt werden.
Das Bürgermeisteramt lobt das Engagement des Freiburger und des regionalen Handwerks und der Architekten, die mit viel Kreativität und Engagement in kürzester Zeit Vorhaben realisiert haben. Hier haben Freiburg und die Gemeinden in der Region ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt und schnell und sehr professionell Lösungen erarbeitet.
In die Unterbringung von Flüchtlingen sind Investitionen von insgesamt rund 50 Millionen Euro zu tätigen. „Die Vorfinanzierung dieser Maßnahmen konnte dank der höheren Gewerbesteuereinnahmen sowie der erhöhten Schlüsselzuweisungen des Landes 2015 sichergestellt werden. Für 2016 erwarten wir, dass das Land die zugesagte Spitzabrechnung für 2015 zügig umsetzt und mit den laufenden Pauschalen für die Flüchtlingsunterbringung, die jedoch nur für 18 Monate ausgelegt sind, die finanziellen Mehrbelastungen im Rahmen der Unterbringung getragen werden können“, so Erster Bürgermeister Otto Neideck. Offen sind noch die Kosten für die Betreuung, Versorgung und Integration der Schutzsuchenden. Diese Kosten sollen zum 1. Finanzbericht vorgelegt werden.
Das Land Baden-Württemberg finanziert die Kosten der vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen, indem die Stadt Vorauszahlungen in Form einer einmaligen Pauschale für jeden neu untergebrachten Flüchtling erhält, die 2016 knapp 14.000 Euro beträgt. Darüber hinaus gibt es vom Land Baden-Württemberg die politische Zusage für eine so genannte nachgelagerte Spitzabrechnung, mit der die tatsächlich entstandenen Kosten für das Bewerkstelligen der aktuellen Flüchtlingssituation auf den Euro erstattet werden sollen.
Da die Flüchtlingspauschalen des Landes aber erst einige Monate nach Zuweisung der Flüchtlinge in die Stadtkasse fließen, sind die Gelder teilweise dem Vorjahr, dem laufenden und dem folgenden Jahr zuzuordnen. Diese komplexe Buchungssystematik mit Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen der Liegenschaftsmaßnahmen im Ergebnis- und Finanzhaushalt 2015 und 2016 hat die Verwaltung in einer umfangreichen Beratungsunterlage aufgearbeitet. Die Deckung und Vorfinanzierung ist 2015 durch laufende Haushaltsmittel gewährleistet.
Für das Jahr 2015 werden im Rahmen der Spitzabrechnung für die Unterbringung der Flüchtlinge Nachzahlungen des Landes von rund 7,1 Millionen Euro erwartet. Hinzu kommen weitere Forderungen für die Investitionen in Höhe deren Abschreibungen, grob 2,3 Millionen Euro jährlich über zehn Jahre.
Für 2016 erwartet die Stadt eine Nachzahlung des Landes von 27,8 Millionen Euro für die Unterbringung der Flüchtlinge. Hinzu kommen weitere Forderungen für die Investitionen in Höhe der Abschreibungen. In den zehn Folgejahren rechnet die Stadt mit 4,9 Millionen Euro jährlichen Abschreibungen im Durchschnitt für die 2015 und 2016 realisierten Maßnahmen.
Die Stadt erwartet weiter vom Land, dass diese aus dem städtischen Haushalt 2015 und 2016 vorfinanzierten Gelder im Rahmen der Spitzabrechnung ausgeglichen werden. Die im Finanzhaushalt vorfinanzierten Investitionskosten sollen in Höhe der Abschreibungen erstattet werden.
Die Flüchtlingsversorgung wird in der Stadtverwaltung von der Projektgruppe Flüchtlinge koordiniert, die Bürgermeister Ulrich von Kirchbach zugeordnet ist, aber interdisziplinär und dezernatsübergreifend arbeitet. Ulrich von Kirchbach: „Die Unterbringung der Schutzsuchenden ist die größte Herausforderung seit Jahrzehnten. Über das gesamte Stadtgebiet hinweg erhielten wir große Zustimmung. Viele Menschen haben angeboten sich ehrenamtlich zu engagieren. Ich bin der Bürgerschaft sehr dankbar für ihre Unterstützung. Ich danke auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und allen Kooperationspartnern für das große Engagement und die außergewöhnliche Leistungsbereitschaft.“
Es ist zwingend erforderlich, dass Bund und Land sich neben den unmittelbaren Leistungen für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen, an den Kosten der Anschlussunterbringung, den Aufgaben zur Integration und den steigenden sozialen Leistungen stärker beteiligen. „Die Integration nimmt erst richtig Fahrt auf, wenn die Flüchtlinge anerkannt sind und sich in das Erwerbsleben und in die Schul- und Berufssysteme einfügen. Dafür brauchen wir Kommunen eine verlässliche finanzielle Unterstützung von Bund und Land. Der „Pakt für Integration“ muss weit mehr als eine symbolische Hülle sein“, so Oberbürgermeister Salomon. Hierzu finden aktuell Gespräche zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung sowie zwischen der Bundesregierung und den Ländern statt. Dazu wird dem Gemeinderat vorgeschlagen, die Resolution des Deutschen Städtetags für eine bessere Unterstützung der Kommunen bei Wahrnehmung dieser Aufgaben zu unterstützen. |