Erneut erhöhte Zuweisungsquote von Flüchtlingen – aktuell kommen 109 Flüchtlinge wöchentlich
Weitere Notunterkünfte geplant: Flüchtlinge müssen voraussichtlich in zwei Zelten auf dem ZMF-Gelände untergebracht werden
Stadtverwaltung stellt sich auf die zusätzlichen und neuen Aufgaben auch strukturell ein: Erweiterung der Projektgruppe Flüchtlinge und Schaffung von neuen Stellen in den betroffenen Fachämtern notwendig
Prognose bis Ende 2016: Bei gleichbleibenden Zuweisungszahlen wären voraussichtlich 180 bis 200 neue Stellen notwendig – Land erstattet 100 Prozent der Kosten
Für 2015 und 2016 ist die Stadt nach derzeitigem Stand durch Zuwendung von Bund und Land finanziell gerüstet
Aufgrund der anhaltend hohen Flüchtlingszugänge in der Bundesrepublik Deutschland hat das Land Baden-Württemberg die Zuweisungsquote von Flüchtlingen für Freiburg erneut erhöht. Statt der 200 Flüchtlinge pro Monat wie im August und September werden der Stadt im Oktober 109 Flüchtlinge wöchentlich zugeteilt. Das stellt die Stadtverwaltung erneut vor die immense Herausforderung, so schnell wie es nur geht, weitere Unterbringungsplätze zu schaffen.
„Vor genau einem Monat haben wir Ihnen hier versichert, dass wir es schaffen werden, die ankommenden Flüchtlinge in Freiburg unterzubringen“, eröffnet Oberbürgermeister Dieter Salomon die Pressekonferenz. „Ich bin immer noch sicher, dass wir dies auch trotz der schwierigen Rahmenbedingungen meistern werden, allerdings müssen wir uns personell neu aufstellen“, so OB Salomon weiter.
Die Stadt ist sowohl für die vorläufige Unterbringung von Asylbewerbern als auch für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen mit Bleiberecht zuständig. Da sich die Zahl der Flüchtlinge, die nach Freiburg kommen, nahezu täglich ändert, kann die Stadtverwaltung diese Aufgabe nicht mehr mit den bisherigen personellen und finanziellen Ressourcen bewältigen.
Auf der Grundlage der jetzigen Flüchtlingszahlen hat die Personalverwaltung geprüft, wie viele neue Stellen für Sozialarbeit und Betreuung, Koordination, vorschulische und schulische Versorgung und Integration geschaffen werden müssen. Die einzelnen Ämter benötigen dringend und kurzfristig personelle Unterstützung. Um alle Bereiche der Flüchtlingshilfe abdecken zu können, müssten bei gleichen Zuweisungszahlen wie im Oktober voraussichtlich 180 bis 200 neue Stellen bereitgestellt werden. Für 2016 wären dies 8,4 Millionen Euro an zusätzlichen Personalkosten. Über den notwendigen Bedarf an zusätzlichen Stellen und Geldern hat das Bürgermeisteramt den Ältestenrat des Gemeinderats in seiner heutigen Sitzung informiert. Noch vor Weihnachten wird die Verwaltung das vorgesehene Stellentableau dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorlegen.
Nach heutigem Stand ist davon auszugehen, dass die Stadt für 2015 und für 2016 durch Zuwendung von Bund und Land finanziell gerüstet ist, um alle Maßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen umsetzen zu können.
„Wir müssen in diesen turbulenten Zeiten handlungsfähig bleiben, um den Flüchtlingen einen geschützten Raum und ein Dach über dem Kopf während der nächsten Monate bieten zu können. Dazu müssen wir im städtischen Haushalt flexibel agieren und pragmatische Entscheidungen vorbereiten“, so Erster Bürgermeister Otto Neideck.
Aktuell befinden sich 2063 Flüchtlinge (Stand: 30. September 2015) in städtischen Unterkünften. Da alle bisherigen, auch in den letzten Wochen und Monaten kurzfristig geschaffenen, Unterbringungsplätze bereits wieder belegt oder sogar überlegt sind, prüft die Verwaltung weiter unter Hochdruck alle verfügbaren und geeigneten Flächen und Gebäude, in denen Flüchtlinge in Freiburg untergebracht werden können. Auf dem ZMF-Gelände auf dem Mundenhof sollen vorübergehend in zwei Zelten 250 bis 300 Plätze für Flüchtlinge als Notunterkunft geschaffen werden. Angesichts der aktuell erneut gestiegenen Zahlen droht gegenwärtig ein Versorgungsengpass Ende Oktober/Anfang November. „Wir müssen jetzt unseren Notfallplan umsetzen und damit einher geht auch die Belegung von Notfallunterkünften“, erläutert Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach. So steht die Tuniberghalle in Opfingen seit Ende letzter Woche als Notunterkunft für knapp 70 Flüchtlinge zur Verfügung, auch ein ehemaliges Bürogebäude in der Waltershofenerstraße wurde Anfang Oktober als Notfallunterkunft für maximal sechs Monate bezogen.
Erklärtes Ziel der Stadtverwaltung ist es aber, die Menschen aus den Notfallunterkünften möglichst schnell in Wohnheimen unterzubringen. Eine im Rathaus hierfür seit Anfang des Jahres eingerichtete Projektgruppe unter Leitung des Sozialdezernates arbeitet deshalb unter Hochdruck an der Bereitstellung von neuen Wohnheimen, am Umbau bestehender Immobilien und an der Anmietung von geeignetem Wohnraum.
So soll ein Gebäude in der Zinkmattenstraße von der Stadt gekauft und Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden. Auf dem Grundstück sollen zusätzlich Container aufgestellt werden. Insgesamt können dort dann rund 170 Personen untergebracht werden. Auch am Hartkirchweg in St. Georgen werden kurzfristig 20 Personen in Containern untergebracht. Fest eingeplant zur Belegung in den nächsten Wochen sind die bereits bekannten Standorte in St. Christoph sowie dem sanierten Haus E in der Bissierstraße, dem Hotel Sonne in der Wiehre, in der Wiesentalstraße, der Kaiservilla in St. Georgen, sowie in der Höllentalstraße am Bahnhof in Littenweiler.
Außerdem plant die Stadt Notunterkünfte in der Bötzinger Straße 50 und 50 a sowie in der Lörracher Straße 45. Die Anwohnerinnen und Anwohner beziehungsweise der Gewerbeverein wurden bereits informiert. Daneben soll die Stadthalle mit 200 bis 400 Personen Mitte Dezember bezogen werden. Planungen laufen darüber hinaus für einen Standort im Gewerbegebiet Hochdorf. Bürgermeister von Kirchbach wird die vorgesehenen Planungen in den Ortschaftsrat in Hochdorf in seiner nächsten Sitzung am 19.Oktober einbringen.
Unter Bezug auf das Handlungsprogramm Wohnen und die bekannte schwierige Lage am Wohnungsmarkt wird die Wohnversorgung der Flüchtlinge eine besondere Herausforderung sein. Vorrangiges Ziel der Integration ist es, die in Wohnheimen untergebrachten Menschen mit einer Bleiberechtsperspektive mittelfristig mit Wohnraum zu versorgen. So strebt die Stadt beschleunigte Bauverfahren an, um schnell Wohnraum schaffen zu können. Dies setzt aber geeignete Flächen voraus.
Die Stadt Freiburg hat aber im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen den Vorteil, mit dem Perspektivplan ein aktuelles und nahezu fertiges gesamtstädtisches Konzept für die künftige Siedlungs- und Freiraumentwicklung vorliegen zu haben, das über den Flächennutzungsplan hinaus weitere Wohnungsbaupotenziale aufzeigt.
Baubürgermeister Martin Haag: „Wir müssen die Stadtentwicklung auf der Basis des Perspektivplans vorantreiben und möglichst rasch Flächen bereitstellen. Dabei soll ein qualifizierter und kleinteiliger Wohnungsbau die Integration von Flüchtlingen fördern.“ Für mögliche neue Bauflächen sollen kurzfristig städtebauliche Konzepte entwickelt werden. Aber nicht nur Wohnbauflächen, sondern auch kostengünstige Bauformen müssen entwickelt werden. Ziel der städtischen Wohnbauentwicklung sind planmäßig im Stadtgebiet verteilte, sozialverträgliche bauliche Ergänzungen bestehender Quartiere.
Die Wohnraumversorgung kann die Stadt Freiburg aber nicht allein stemmen, sie ist auf die Mithilfe von freien und sozialen Bauträgern angewiesen. Auch der Bund und das Land sind jetzt in der Pflicht, die Kommunen mit gezielten Wohnbauförderungsprogrammen zu unterstützen.
Neben der zwingend notwendigen Schaffung von neuem Wohnraum wird vor allem die Integration der Flüchtlinge in Freiburg die Aufgabe der Zukunft sein. Besonders die Sprachförderung, die Schul- und Kindergartenversorgung sowie die schnelle Integration in den Arbeitsmarkt werden die zentralen Aufgaben der Stadt für die nächsten Monate und Jahre sein. Die Verwaltung ist im Moment dabei, eine schulische Bildungsberatung gezielt für Flüchtlinge aufzubauen. So sollen ehrenamtliche Bildungsberatungspaten für Flüchtlinge an Schulen gewonnen und qualifiziert werden. Sie unterstützen die Schulen mit Vorbereitungsklassen (VKL-Klassen) und beraten zugewanderte Schülerinnen, Schüler und deren Eltern in allen Fragen zu Schule und Bildung, bei Fragen zum Schulsystem, zu den Schulen in Freiburg und zu möglichen Abschlüssen oder zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse.
Gerade bei der Einrichtung von zusätzlichen Betreuungsangeboten für Kinder unter sowie über drei Jahren ist es notwendig, dass bestehende Gruppen aufgestockt werden können, um schnell entsprechende Plätze anbieten zu können. Wie in anderen Bereichen auch, setzt dies eine flexible Erweiterung bestehe der Betreuungsschlüssel voraus.
Um kurzfristig im Aufgabenbereich Integration den gestiegenen Anforderungen Rechnung zu tragen, hat die Verwaltung die bestehende Projektgruppe Flüchtlingsunterbringung um den Aufgabenbereich Integration erweitert. Mit Boris Gourdial übernimmt künftig der stellvertretende Amtsleiter des Amtes für Soziales und Senioren die Gesamtprojektleitung. Unterstützt wird er von der Juristin Birte Schöler in der stellvertretenden Gesamtprojektleitung, die bisher schon der Projektgruppe angehört hat. Aufgaben der Projektgruppe wird es nun sein, eine Netzwerkstruktur für den Aufgabenbereich der Integration zu entwickeln um die unterschiedlichen Aufgabenfelder besser als bisher zu verzahnen.
Zudem wird künftig eine Lenkungsgruppe, bestehend aus dem Oberbürgermeister und allen Dezernenten, regelmäßig über die Lage beraten. Die Geschäftsführung der Lenkungsgruppe übernimmt der bisherige Gesamtprojektleiter für die Flüchtlingsunterbringung, Roland Meder, Büroleiter des Bürgermeisters von Kirchbach. |