Zum zweiten Mal präsentiert das Augustinermuseum einen
völkerkundlichen „Blickfang“: Für den Monat Oktober dienen
16 Ahnenfiguren der Südmolukken als besondere Objekte.
Die bis 20 Zentimeter hohen Holzfiguren sind im 19. Jahrhundert
auf Wetar, Romang, Leti, Moa und Damar entstanden,
kleine indonesische Inseln, die im Gegensatz zu Java oder
Bali in Europa kaum bekannt sind.
Wie in anderen Regionen Indonesiens spielte hier der Ahnenkult
eine besondere Rolle. Die Verehrung der Ahnen galt als
wichtig für die Sicherung der Nachkommenschaft, die Fruchtbarkeit
des Bodens und damit für das Weiterleben der Gemeinschaft.
Die Figuren dienten als Helfer in der Kommunikation
mit den Toten und wurden auf einem Brett im Wohnhaus
aufbewahrt.
Der Forscher Georg Boehm brachte die Figuren von einer
geologischen Forschungsreise um die Welt mit. Da von ihm
keine detaillierten Reisetagebücher oder Informationen zum
Erwerb seiner Ethnographika-Sammlung überliefert sind,
bleibt unklar, ob er die einzelnen Inseln selbst besucht oder
die Figuren in Ambon, dem damaligen Verwaltungszentrum
der holländischen Kolonialregierung für die Region und Zentrum
der protestantischen Missionen, erworben hat.
Georg Boehm wurde als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie
1854 in Frankfurt/Oder geboren. Nach geologischen
und paläontologischen Studien in Berlin und Straßburg
promovierte er 1877 in Göttingen, wirkte einige Jahre in Mün-
chen und ging dann nach Freiburg, wo er sich 1885 habilitierte
und 1886 die Lehrtätigkeit aufnahm. Auf zahlreichen Reisen –
zunächst im südlichen Europa und in Algerien, ab 1897 in
Russland, Transkaspien und Turkestan – baute er die geologischen
und paläontologischen Sammlungen der Universität
aus. Wie andere Naturwissenschaftler seiner Zeit war Boehm
universell interessiert. Hiervon zeugen unter anderem seine
ethnographischen Sammlungen, angelegt vor allem auf seiner
großen Forschungsreise in den Jahren 1900 und 1901. Sie
führte ihn über die USA in den Pazifik, nach Neuseeland,
Australien, Ostasien und insbesondere Indonesien. Zurück
ging es über Indien und Ägypten. Völlig unerwartet starb
Boehm 1913 an einer Gehirnhautentzündung.
Ãœber 300 Ethnographika, vor allem aus dem indonesischen
Raum, gab Boehm in den Jahren 1903 bis 1905 an das damalige
Museum für Natur- und Völkerkunde der Stadt Freiburg.
Die Stadt kaufte nur einen kleinen Teil der Sammlung an, der
größere blieb bis 1992 Dauerleihgabe. Auf den Wunsch des
Sohnes, Professor Gundo Boehm, schenkte dessen Lebensgefährtin,
Ruth M. Leuschner, die Sammlung nach seinem
Tod dem Museum. Die Ehefrau Georg Boehms, Ella, und seine
Tochter Gerda E. Boehm, waren 1940 nach Gurs deportiert
und vermutlich 1944 in Auschwitz ermordet worden. Zwei
„Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig vor dem ehemaligen
Haus der Familie Boehm in der Schwaighofstraße zeugen
heute vom Schicksal einer einst geschätzten jüdischen
Familie.
Eine Führung mit Eva Gerhards, Leiterin des Adelhausermuseums,
findet am Mittwoch, 8. Oktober, um 12.30 Uhr im
Augustinermuseum statt. Die Teilnahme kostet 2 Euro. |